Zwei Jahre Historische Aufarbeitung der Heimerziehung
Einleitung
Das St. Vincenz Jugendhilfe-Zentrum e.V. hat sich das Ziel gesetzt, die Geschichte der Einrichtung professionell und von unabhängiger Seite aufarbeiten zu lassen. Dabei war uns bewusst, dass eine wissenschaftliche historische Aufarbeitung andere Erkenntnisziele verfolgt als eine Chronik oder Jubiläumsschrift. Sie ist vor allem eines: ergebnisoffen. Wir hatten und haben keinen Einfluss auf das Ergebnis oder die Publikation.
Diese Entscheidung basiert auf zwei zentralen Beweggründen:
Verantwortlicher Umgang mit der Vergangenheit
Seit den Heimkampagnen der 1960er Jahre, in denen Missstände in der Heimerziehung als gesamtgesellschaftliches Problem angeprangert wurden, stand auch St. Vincenz als größte katholische Jugendhilfeeinrichtung Dortmunds in der öffentlichen Kritik.
Mit der Einsetzung des "Runden Tisches Heimerziehung" (2009/2010) wurde das Thema Heimerziehung auf eine politische Ebene gehoben. Auch St. Vincenz stellte sich dieser Herausforderung.
Aus heutiger Perspektive zeigt sich, dass der damalige Prozess von einer gewissen Lagerbildung geprägt war: Einerseits standen die Vertreter:innen der Institutionen, andererseits die ehemaligen Heimkinder. Die einen als Anklagende, die anderen als Verteidigende. Ein Treffen in der Mitte war damals nicht möglich. Unser Anliegen war es, eine Annäherung beider Pole zu fördern.
Entwicklungsprozesse in der Jugendhilfe
Ein zentrales Anliegen unserer historischen Aufarbeitung ist es, zu dokumentieren, wie gesellschaftlicher Wandel und kritische Initiativen richtungweisende Reformprozesse in der Heimerziehung angestoßen haben.
Unabhängige wissenschaftliche Historiker:innen
Wir freuen uns, mit Dr. Barbara Vosberg und Professor Andreas Henkelmann zwei renommierte Wissenschaftler für unser Projekt gewonnen zu haben.
Analyse der Quellen
Die Untersuchung basiert auf einer intensiven Auswertung verschiedener Quellen, darunter:
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Das einrichtungseigene Archiv
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Das Ordensarchiv der Paderborner Vinzentinerinnen
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Berichte aus dem Archiv des Landesjugendamtes
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Weitere schriftliche Quellen, die Einblicke in die Strukturen und Entwicklungen des St. Vincenz Jugendhilfe-Zentrums e.V. geben
Aufgrund einer eingeschränkten Quellensituation konzentriert sich die Aufarbeitung im Wesentlichen auf den Zeitraum von 1945 bis in die 1990er Jahre.
Interviews mit Zeitzeugen
Neben der Quellenanalyse waren Zeitzeugenberichte ein wichtiger Bestandteil der Aufarbeitung. Ein Aufruf im Sommer 2022 fand Resonanz bei ehemaligen Heimbewohner:innen sowie ehemaligen Verantwortlichen, die bereit waren, ihre Erfahrungen in Interviews zu teilen.
Veröffentlichung
Unser Ziel ist es, die Ergebnisse dieser historischen Aufarbeitung sowohl für wissenschaftliche Zwecke als auch zur allgemeinen Information zu veröffentlichen. Wir möchten sicherstellen, dass jeder Interessierte Zugang zu den gewonnenen Erkenntnissen hat.